Pflegefreibetrag gilt auch für gesetzlich Unterhaltsverpflichtete
Pflegeleistungen können auch nach dem Tod des Pflegebedürftigen noch honoriert werden. Dafür sieht das deutsche Erbschaftsteuerrecht vor, dass bei der Berechnung der Erbschaftsteuer ein Betrag von bis zu 20.000 Euro steuerfrei bleibt, wenn das Erbe demjenigen zufällt, der den Erblasser zuvor unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt gepflegt hat. Dieser Pflegefreibetrag steht der Pflegeperson auch dann zu, wenn sie gesetzlich zum Unterhalt gegenüber dem Erblasser verpflichtet war, wie ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 10. Mai 2017, Az. II R 37/15; veröffentlicht am 5. Juli 2017) zeigt.
Klägerin pflege Mutter auf eigene Kosten in ihrem Haus
Die Klägerin in dem vorliegenden Fall pflegte ihre Mutter bis zu deren Tod im Jahr 2012. Die Mutter der Klägerin war die letzten zehn Jahre vor ihrem Tod pflegebedürftig, nachdem sie bei einer Herzoperation ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte. Infolge des bei der Operation erlittenen Schädel-Hirn-Traumas lag sie in einem Wachkoma, war gelähmt, konnte nicht sprechen und musste über eine Magensonde ernährt werden. Im Dezember 2001 entschied sich die Klägerin dazu, ihre pflegebedürftige Mutter in einem eigens dafür hergerichteten Zimmer bei sich aufzunehmen und auf eigene Kosten deren Pflege zu übernehmen. Die Pflegekasse hatte die Mutter in Pflegestufe III eingestuft und ihr ein Pflegegeld in Höhe von rund 700 Euro im Monat zugebilligt.
Finanzamt berücksichtigt Pflegefreibetrag bei der Erbschaftsteuerfestsetzung nicht
Nach dem Tod der Mutter wurde die Klägerin zu deren Miterbin. Zum Nachlass der verstorbenen Mutter gehörte neben Grundbesitz auch ein Bankguthaben in Höhe von 785.543 Euro. Daraufhin beantragte die Klägerin beim Finanzamt die Berücksichtigung des Freibetrags nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG in Höhe von 20.000 Euro. Doch das Finanzamt weigerte sich, den von der Klägerin beantragten Pflegefreibetrag bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen. Das Finanzamt führte als Begründung dafür an, dass die Klägerin aufgrund ihrer Unterhaltspflicht gesetzlich zur Pflege verpflichtet gewesen sei und deshalb nicht unentgeltlich oder gegen zu geringes Entgelt tätig geworden ist.
Gesetzliche Unterhaltspflicht steht Gewährung des Pflegefreibetrags nicht entgegen
Die dagegengerichtete Klage der Tochter war erfolgreich. Der Bundesfinanzhof kam wie auch schon die Vorinstanz (FG Niedersachsen, Urteil vom 21. März 2015, Az. 3 K 35/15) zu dem Ergebnis, dass der Klägerin der Freibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG zu gewähren ist. Nach Auffassung des Gerichts steht die gesetzliche Unterhaltspflicht der Gewährung des Pflegefreibetrags nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG nicht entgegen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck sowie der Historie dieser Vorschrift. So schließt der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG gesetzlich Unterhaltsverpflichtete nicht von der Anwendung der Vorschrift aus. Zudem entspricht die Gewährung des Pflegefreibetrags für gesetzlich Unterhaltsverpflichtete auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, ein freiwilliges Opfer der Pflegeperson zu honorieren. Darüber hinaus wird auf diese Weise auch der generellen Intention des Gesetzgebers, die steuerliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen zu verbessern, Rechnung getragen. Da aber Pflegeleistungen in erster Linie innerhalb der Familie, vor allem zwischen Kindern und Eltern erbracht werden, würde die Freibetragsregelung bei Ausschluss dieser Personengruppe nahezu ins Leere laufen, erklärten die Richter.
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