Seminare zum Umgang mit frühtraumatisierten Pflegekindern sind steuerlich absetzbar
Pflegeeltern dürfen die Kosten für die Teilnahme an medizinischen Seminaren zum Umgang mit frühtraumatisierten Kindern als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts Münster (FG Münster, Urteil vom 27. Januar 2017, Az. 4 K 3471/15 E) hervor.
In dem hier verhandelten Verfahren hatte ein zusammenveranlagtes Ehepaar geklagt, das im März 2005 ein Geschwisterpaar als Pflegekinder in Vollzeitpflege aufgenommen hat. Dafür bekam das Ehepaar erhöhtes Erziehungsgeld sowie Unterhaltsgeld und Unterstützungsleistungen durch den Pflegekinderdienst. Die Pflegekinder waren über die Krankenversicherung des Ehemannes versichert. Das Sorgerecht für die beiden Geschwister war den Eheleuten nicht übertragen. Im Februar 2011 wurde bei einem der beiden Pflegekinder eine Frühtraumatisierung festgestellt. Daraufhin nahmen die Kläger im Jahr 2012 an mehreren Seminaren zum Umgang mit frühtraumatisierten Kindern teil.
Finanzamt erkannte Aufwendung der Pflegeeltern nicht als außergewöhnliche Belastungen an
Eine Kostenerstattung auf sozialrechtlicher Grundlage erfolgte ebenso wenig wie eine Übernahme der Kosten durch die Versicherung des Klägers. Deshalb machten die Kläger die Kosten für die Teilnahme an den Seminaren in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2012 als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend. Doch das Finanzamt weigerte sich, die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen mit der Begründung, dass diese Aufwendungen nicht unmittelbar zur Heilung einer Krankheit des Kindes entstanden sind. Darüber hinaus mangele es an dem formellen Nachweis der Zwangsläufigkeit der geltend gemachten Aufwendungen.
Kosten für die Seminarteilnahme sind als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen
Das Finanzgericht Münster zeigte dann aber mehr Mitgefühl als das Finanzamt und gab der Klage der Pflegeeltern statt. Das Gericht entschied, dass die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für die Seminarteilnahme als außergewöhnliche Belastungen vom Finanzamt steuermindernd berücksichtigt werden müssen. Die geltend gemachten Aufwendungen sind den Klägern aufgrund der Krankheit des Pflegekindes zwangsläufig entstanden. Die Pflegeeltern waren zur Tragung der durch die Krankheit des Pflegekindes entstandenen Aufwendungen nach Auffassung des Gerichts sittlich verpflichtet. Denn es wird gesellschaftlich zwingend erwartet, dass nicht anderweitig erstattungsfähige Krankheitskosten für alle Familienmitglieder, somit auch für Pflegekinder, übernommen werden. Der Umstand, dass die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht den formellen Anforderungen des § 64 EStDV genügten, spielte in dem vorliegenden Fall keine Rolle, weil es sich hierbei nicht um eine psychotherapeutische Behandlung, sondern um die Schulung einer nicht erkrankten Kontaktperson handelt.
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