Leiharbeiter hat keine erste Tätigkeitsstätte im Betrieb des Entleihers
Das Finanzgericht Niedersachsen hat als erstes Finanzgericht in Deutschland nach der Reform des Reisekostenrechts ein Urteil zur Fahrtkostenabrechnung von Leiharbeitern gefällt. Diesem Urteil (FG Niedersachsen, Urteil vom 30. November 2016, Az. 9 K 130/16) zufolge hat ein Leiharbeiter keine erste Tätigkeitsstätte im Betrieb des Entleihers. Das hat zur Folge, dass der Leiharbeiter die Kosten für Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Betrieb des Entleihers nach Reisekostengrundsätzen abrechnen darf.
Im Jahr 2014 hat der Gesetzgeber das Reisekostenrecht umfassend reformiert. Im Zuge dessen trat die gesetzliche Definition der ersten Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 4 EStG an die Stelle der regelmäßigen Arbeitsstätte. Nach altem Recht hatte ein Leiharbeiter keine regelmäßige Arbeitsstätte im Betrieb des Entleihers. Deshalb griff die Abzugsbeschränkung durch die Entfernungspauschale nicht und der Leiharbeiter konnte die Kosten für Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Betrieb des Entleihers nach Reisekostengrundsätzen abrechnen. Das Finanzgericht musste sich nun mit der Frage beschäftigen, ob dies auch nach der neuen Rechtslage noch gilt.
Finanzamt berücksichtigt Fahrtkosten nur in Höhe der Entfernungspauschale
Der Kläger in dem vorliegenden Fall war seit Mai 2012 bei einer Leiharbeitsfirma als Helfer angestellt. Das Leihverhältnis war anfänglich nur bis zum 30. November 2012 befristet, wurde danach aber mehrmals verlängert bis zum 1. Mai 2015. Im Arbeitsvertrag des Klägers stand, dass er jederzeit mit einer bundesweiten Versetzung rechnen musste. Im Jahr 2014 war er aber das ganze Jahr durchgehend für den gleichen Betrieb tätig. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 machte der Kläger die tatsächlichen Fahrtkosten für seine Fahrten zwischen Wohnung und Entleihbetrieb mit 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ging dagegen von einer dauerhaften Zuordnung des Klägers zum Entleihbetrieb aus und stufte den Entleihbetrieb deshalb als erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeiters ein. Das hatte zur Konsequenz, dass das Finanzamt die Fahrtkosten des Leiharbeiters unter Verweis auf das neue Reisekostenrecht nur in Höhe der Entfernungspauschale mit 0,30 Euro pro Entfernungskilometer berücksichtigte.
Kläger war dem Entleihbetrieb nicht dauerhaft zugeordnet
Die dagegen gerichtete Klage des Leiharbeiters hatte Erfolg. Das Finanzgericht Niedersachsen entschied, dass das Finanzamt zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Kläger für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Betrieb des Entleihers nur die Entfernungspauschale geltend machen kann, weil der Kläger keine erste Tätigkeitsstätte im Betrieb des Entleihers hatte. Unter Berücksichtigung aller Umstände kamen die Richter zu der Überzeugung, dass der Kläger im Streitjahr 2014 dem Entleihbetrieb nicht dauerhaft im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG 2014 zugeordnet war, so dass die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Entleihbetrieb nicht als solche zu einer ersten Tätigkeitsstätte gewertet werden konnten. Daher darf der Kläger entgegen der Einschätzung des Finanzamts seine Fahrkosten nach Reisekostengrundsätzen abrechnen. Eine Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen.
Bildnachweis: © Ramona Heim – Fotolia.com
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