Doppelte Haushaltsführung: Zweitwohnung in der Nähe des Familienwohnsitzes
Bei einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung kann der Steuerpflichtige die zusätzlichen Kosten für eine Zweitwohnung am Beschäftigungsort steuerlich geltend machen. Laut einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 26. Juni 2014, Az. VI R 59/13, veröffentlicht am 19.11.2014) kann eine beruflich bedingte doppelte Haushaltsführung auch dann gegeben sein, wenn die Zweitwohnung näher am Wohnsitz der Familie als am Arbeitsplatz liegt.
Streitfall: Wann liegt eine Zweitwohnung am Beschäftigtigungsort?
Es kommt regelmäßig zu Streitigkeiten zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen bei der Frage, ob die Aufwendung für eine Zweitwohnung beruflich veranlasst und damit steuerlich zu berücksichtigen sind. Grundlegende Voraussetzung für eine steuerliche Anerkennung ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 S. 2 EStG, dass die Zweitwohnung am Beschäftigtigungsort liegt. Der BFH musste nun entscheiden, wie weit der Begiff „Beschäftigtigungsort“ auszulegen ist. Im vorliegenden Fall hatte ein Universitätsprofessor geklagt, nachdem ihm das Finanzamt die steuerliche Anerkennung seiner Zweitwohnung versagt hatte. Der Kläger unterhielt zunächst aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung in der Nähe der Universität. Diese tauschte er jedoch gegen eine andere Zweitwohnung, die 83 km von der Universität, aber lediglich 47 km vom Familienwohnsitz entfernt lag.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Zweitwohnung des Klägers aufgrund der zu großen Entfernung zum Arbeitsplatz nicht mehr als Wohnung am Beschäftigungsort anzusehen sei. Damit wäre die Voraussetzung für eine steuerliche Berücksichtigung der Zweitwohnung nicht erfüllt. Weiterhin war das Finanzamt der Meinung, dass die Nähe zum Familienwohnsitz für die Wahl der Zweitwohnung zumindest mitentscheidend gewesen sei. Der Kläger führte dagegen an, dass die von ihm gewählte Zweitwohnung besonders verkehrsgünstig gelegen sei, so dass er nur 50 Minuten Fahrtzeit bis zur Universität benötige. Ferner seien an dem Ort, wo sich die Zweitwohnung befindet, auch mehrere für seine Fachbereich sehr gut ausgestattete Bibliotheken ansässig, welche er im Monat drei bis fünfmal besuche.
Verkehrsverbindungen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind entscheidend
Der BFH gab der Klage des Universitätsprofessors statt. In der Urteilsbegründung führten die Richter aus, dass eine Wohnung als am Beschäftigungsort liegend einzustufen sei, wenn sie es dem Arbeitnehmer ermöglicht, seinen Arbeitsplatz täglich aufzusuchen. Dabei müssen immer die individuellen Verkehrsverbindungen zwischen der Wohnung und dem Arbeitsplatz berücksichtigt werden. Zudem handelt es sich bei einer Fahrtzeit von weniger als einer Stunde um eine heutzutage übliche Pendelzeit. In einem ähnlich gelagerten Verfahren hatte der BFH (Urteil vom 19. April 2012, Az. VI R 59/11) sogar eine vom Arbeitsplatz 141 km entfernte Wohnung aufgrund der günstigen Verkehrsanbindung als Zweitwohnung am Beschäftigungsort durchgehen lassen. In diesem Fall konnte die Klägerin dank einer schnellen ICE-Verbindung ihren Arbeitsplatz in weniger als einer Stunde erreichen.
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