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Abgabenordnung

Die Abgabenordnung regelt die Besteuerungsverfahren und deren Umsetzung.

In der Abgabenordnung (AO) sind als sogenanntes allgemeines Steuerrecht die für alle Steuern geltenden gemeinsamen Regeln, insbesondere die Regeln zum Besteuerungsverfahren von der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen über die Festsetzung und Erhebung der Steuern bis hin zur Vollstreckung, zu den außergerichtlichen Rechtsbehelfen und zum steuerlichen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, enthalten. Die Abgabenordnung soll dabei das Fundament für ein möglichst unbürokratisches und rationelles Besteuerungsverfahren bilden und dabei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Interessen der Allgemeinheit und den Belangen des einzelnen Steuerpflichtigen herstellen.

Über die einzelnen Steuergesetze wird geregelt, in welchen Fällen die Steuer entsteht. Die Abgabenordnung enthält die grundlegenden Regelungen darüber, wie und für wen die Steuer festzusetzen und wann sie zu begleichen ist. Die Abgabenordnung ist grundsätzlich für alle Steuern und Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt und von Bundes- oder Landesfinanzbehörden administriert werden, geltend. Für Ein- und Ausfuhrabgaben ist die Abgabenordnung vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere des Zollkodex, anwendbar. Zudem wird die Abgabenordnung angesichts landesrechtlicher Vorschriften auch für die Erhebung zahlreicher weiterer Abgaben genutzt.

Die Abgabenordnung gliedert sich ist in 9 Teile. Die ersten Teile beinhalten die einleitenden Vorschriften sowie das Steuerschuldrecht. Hier werden unter anderem die Grundbegriffe erläutert, die für alle Steuern gültig sind, deshalb findet sich hier auch die allgemeine Definition des Steuerbegriffs (§ 3 Abs. 1 AO): Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlichrechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

In § 33 Abs. 1 AO wird bestimmt, wer als Steuerpflichtiger im Sinne der Steuergesetze gilt: Steuerpflichtiger ist, wer eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat.

Des Weiteren wird hier definiert, welche Ansprüche sich aus dem Steuerschuldverhältnis ergeben, wie z. B. die Erstattungsansprüche des Steuerpflichtigen oder welche Zwecke steuerbegünstigt sind, unter welchen Voraussetzungen jemand für die Steuerschuld eines anderen haftet oder wie die steuerlichen Fristen berechnet und verlängert werden.

Die Regelungen über das Steuergeheimnis sind von besonderer Bedeutung, da der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten der Finanzbehörde seine steuerlichen Verhältnisse vollständig offenbaren muss, ist es zwingend das die Geheimhaltung seiner Angaben gewährleistet sein muss. §§ 30, 31, 31 a und 31 b AO regulieren, wer das Steuergeheimnis wahren muss und unter welchen Voraussetzungen die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten zulässig sein kann.

Weiterhin enthält die Abgabenordnung allgemeine Verfahrensgrundsätze. Der entsprechende Abschnitt der Abgabenordnung geht besonders auf den vom Grundgesetz vorgegebenen Grundsatz der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ein. Dessen Paragrafen regeln die Auskunftspflichten einzelner Personen, das Hinzuziehen von Sachverständigen, die Vorlage von Urkunden und Wertsachen wie auch die Befugnis zum Betreten von Grundstücken. Zusätzlich wird hier auch geregelt, unter welchen Voraussetzungen Personen zur Auskunftsverweigerung berechtigt sind. Auch die Beratungs- und Auskunftspflicht für den Steuerpflichtigen seitens der Finanzbehörden wird hier vorgeschrieben. Unter den Voraussetzungen des § 89 Abs. 2 AO können die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von ausführlich bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, sofern daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht.

Die Vorschriften über die Durchführung des Besteuerungsverfahrens bilden den Kern der Abgabenordnung. Diese enthalten im Interesse der Rechtssicherheit eine genaue Darstellung der jeweiligen Rechte und Pflichten der Finanzbehörde. Die Pflichten zur Mitwirkung der Steuerpflichtigen sind auch hier geregelt, auf diese sind die Finanzbehörden bei Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in besonderer Weise angewiesen. Daher enthält die Abgabenordnung auch Regelungen über die Pflicht zur Steuererklärung und Buchführung. Bei den Regelungen zu den Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten wird keine bestimmte Technik vorgegeben, es gelten die allgemeinen Grundsätze für die ordnungsmäßige Buchführung.

Zudem regelt die Abgabenordnung auch die Rechtsgrundlagen und die datenschutzrechtlichen Zweckbestimmungen für die Erhebung und Anwendung der steuerlichen Identifikationsnummer nach § 139b AO. Mit der steuerlichen Identifikationsnummer, welche vom Bundeszentralamt für Steuern jedem Steuerpflichtigen dauerhaft zugeteilt wird, soll das Besteuerungsverfahren bürgerfreundlicher und effektiver gestaltet und die Vielzahl der bestehenden Steuernummernsysteme nach und nach abgeschafft werden.

Die Abgabenordnung bestimmt darüber hinaus, in welcher Form, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Frist eine Steuer festgesetzt werden kann. So wird in § 155 Abs. 1 AO geregelt, dass Steuern grundsätzlich durch einen Steuerbescheid festgesetzt werden. Dieser Steuerbescheid ist grundsätzlich schriftlich zu erteilen (§ 157 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Steuerbescheid konkretisiert die im Einzelfall entstandene Steuer oder Steuervergütung und ist formelle Grundlage der Durchsetzung dieses Anspruchs. Sofern die Steuerpflichtigen die Steuer in der Steuererklärung selbst zu berechnen haben, tritt diese als Steueranmeldung bezeichnete Steuererklärung generell an die Stelle des sonst erforderlichen Steuerbescheids.

Das Steueranmeldungsverfahren (§§ 167, 168 AO) soll den Verwaltungsaufwand aller Beteiligten vermindern und zugleich eine schnellere Durchsetzung der Steuer- und Steuererstattungsansprüche ermöglichen. Um sogenannte Massenrechtsbehelfe zu vermeiden, ist es nach § 165 AO möglich, Steuerbescheide im Hinblick auf Musterverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, dem Europäischen Gerichtshof oder den obersten Bundesgerichten vorläufig zu erlassen.

Wenn das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber zur Änderung eines mit der Verfassung nicht vereinbaren Steuergesetzes verpflichtet hat, kann die Steuer kann auch vorläufig festgesetzt werden. Damit die vorläufige Steuerfestsetzung aufgrund einer diesbezüglichen Gerichtsentscheidung oder Gesetzesänderung aufgehoben oder geändert werden kann, ist kein Einspruch erforderlich.

In § 169 AO wird die Festsetzungsverjährung geregelt: Wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist, kann eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nicht mehr durchgeführt werden. Für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen beträgt die Festsetzungsfrist ein Jahr. Bei Ein- und Ausfuhrabgaben findet der Artikel 221 Abs. 3 Zollkodex Anwendung. Danach kann im Grundsatz eine Abgabe nach Ablauf von 3 Jahren nach dem die Zollschuld entstanden ist nicht mehr festgesetzt werden. Für alle anderen Steuern und Steuervergütungen, insbesondere also für die Einkommen-, Umsatz- und Körperschaftsteuer, beträgt die Festsetzungsfrist 4 Jahre. Sie weitet sich allerdings auf 10 Jahre aus, soweit eine Steuer hinterzogen wurde, und 5 Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist.

§§ 170 und 171 AO normieren dabei verschiedene An- und Ablaufhemmungen der Festsetzungsfrist, um auf die Besonderheiten der dort genannten Fälle im Interesse der Steuergerechtigkeit besser eingehen zu können.

Bedeutend sind auch die Vorschriften über die Bestandskraft von Steuerbescheiden. Steuerbescheide können im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit nur aufgehoben, geändert oder berichtigt werden, soweit dies gesetzlich erlaubt ist.

Es ist dabei unerheblich, ob sich der Fehler dabei zugunsten des Steuerpflichtigen oder zu seinen Lasten auswirkt. Die Durchbrechung der Bestandskraft steht also nicht im Ermessen der Finanzbehörde. Ein Steuerbescheid kann außerhalb des Einspruchsverfahrens z. B. nach § 173 AO aufgehoben oder geändert werden, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, welche zu einer höheren oder niedrigeren Steuer führen und rechtserheblich sind. Wenn die neuen Tatsachen oder Beweismittel zu einer niedrigeren Steuer führen, ist eine Anpassung des Steuerbescheids nur dann erlaubt, sofern der Steuerpflichtige nicht grob verschuldet hat, dass diese Tatsachen oder Beweismittel erst im Nachhinein bekannt geworden sind. Hingegen verbietet der auch im Steuerrecht gültige Grundsatz von Treu und Glauben dem Finanzamt, unter Berufung auf das nachträgliche Bekannt werden von Tatsachen oder Beweismitteln, die zu einer Steuererhöhung führen würden, eine Steuerfestsetzung nach § 173 AO zu ändern, wenn diese Tatsachen oder Beweismittel dem Finanzamt bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wären und sofern der Steuerpflichtige seinerseits seiner Mitwirkungspflicht voll genügt hat.

Bei widerstreitenden Steuerfestsetzungen regelt § 174 AO die Korrektur von Steuerbescheiden. Nach § 175 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen oder zu berichtigen, wenn ein für den Steuerbescheid verbindlicher Grundlagenbescheid erlassen oder korrigiert wurde oder ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung eintrat.

Die Angaben der Steuerpflichtigen können die Finanzbehörden mit der Hilfe von Außenprüfungsdiensten überwachen. Sie arbeiten bei den Gewinneinkunftsarten in der Regel vor Ort also im Betrieb. Eine Prüfung kann zudem aber auch an Amtsstelle, das heißt direkt bei den Finanzbehörden, durchgeführt werden. Das Außenprüfungsverfahren fordert vom Steuerpflichtigen ein großes Maß an Mitwirkung, sichert ihm aber auch in weitem Umfang rechtliches Gehör und Rechtsbehelfe zu. Weitergehende, sich an die Verwaltung richtende Regelungen zur Außenprüfung sowie zu den verwaltungsinternen Verfahrensabläufen wurden in einer bundeseinheitlichen Verwaltungsanweisung, der Betriebsprüfungsordnung, getroffen.

Besondere Befugnisse hat im Rahmen der Steueraufsicht die Zollverwaltung (Nachschau). Die Umsatzsteuer- Nachschau ist im Umsatzsteuergesetz geregelt. In denen sich daran anschließenden Vorschriften über das Erhebungs- und Vollstreckungsverfahren regelt die Abgabenordnung, wann eine Steuer fällig wird und welche Folgen bei einer unpünktlichen Zahlung eintreten.

Wenn fällige Steuern nicht gezahlt werden, können sie durch die Finanzbehörde nach den für die Vollstreckung geltenden Bestimmungen per Zwang eingetrieben werden. Die Abgabenordnung legt auch fest, unter welchen Voraussetzungen eine Steuer gestundet oder aus Billigkeitsgründen erlassen werden kann. Auch die Verzinsung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§§ 233 ff. AO) und die Erhebung von Säumniszuschlägen bei verspäteter Steuerzahlung (§ 240 AO) wird hier geregelt.

Es folgen die Vorschriften über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren (Einspruchsverfahren, §§ 347 ff. AO). Das dem Rechtsschutz der Steuerpflichtigen dient und der Finanzverwaltung ermöglicht, ihre Entscheidungen ohne Einleitung eines finanzgerichtlichen Verfahrens zu validieren. Das Einspruchsverfahren ist kostenfrei. Alle Regelungen zum gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren sind in der Finanzgerichtsordnung (FGO) enthalten.

Die Abgabenordnung enthält zudem die materiellen Vorschriften über Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten sowie die besonderen Bestimmungen über das Steuerstraf- und Bußgeldverfahren. Das Bußgeld wird nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz angesetzt und erhoben. In bestimmten Fällen kann die Finanzbehörde selbst ermitteln und sich dabei der Steuer-(Zoll-)fahndung bedienen.

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